Wer kennt es nicht: Streit ums Aufräumen im Kinderzimmer? Entweder mit den eigenen Kindern oder noch aus der eigenen Kindheit mit den Eltern… Die Gründe für den Streit können vielfältig sein, aber es gibt Methoden, um die Belastung durch dieses Thema im Familienalltag zu reduzieren.
Wir leben in einer Überflussgesellschaft, was dazu führt, dass wir die ersten sind, die aktiv lernen müssen uns von Dingen zu trennen, während unsere Vorfahren seit jeher gesammelt haben, um zu überleben. Eine Strategie, die dabei gut helfen kann, ist die sogenannte “Konmari”-Methode von Marie Kondo. Wie diese Methode funktioniert kannst du in ihrem Buch “Magic Cleaning” nachlesen oder du schaust dir ihre Serie auf Netflix an. Einen schönen Überblick findest du auch hier bei modernslow. In meinem Beitrag geht es nämlich nur um das Kinderzimmer. Dabei versuche ich die Methode und ihr Wirkprinzip auf die Bedürfnisse von Kindern UND Eltern zu beziehen. Bereit? Los geht’s mit der ersten Kategorie:
Kleidung
Beim “Magic Cleaning” beginnt man immer zuerst mit der Kleidung. Sucht daher gemeinsam alle Kindersachen zusammen und werft sie auf einen Haufen. Wichtig ist, dass ihr alle Kleidungsteile aus allen Räumen holt. Also auch Jacken, Mützen, Schuhe und Schwimmsachen etc. Dann beginnt ihr jedes einzelne Teil in die Hand zu nehmen und zu überlegen, ob es bleibt oder geht. Dafür könnt ihr euch an folgenden Fragen orientieren:
- Passt es?
- Ist es funktional?
- Trägt dein Kind es gerne?
- Haben wir davon bereits mehrere?
Viele Eltern hängen an einer Idee von ihrem Kind, die sie in bestimmter Kleidung ausdrücken. Kinder sind nicht selten kleine Mini-Me’s. Das ist aber nicht immer auch sinnvoll und funktional, denn Kinderkleidung muss in erster Linie passen (also nicht zu klein, zu groß oder zu eng oder zu weit sein) und ihrem Zweck entsprechen, also zum Klettern und Spielen taugen. Und sie muss dreckig werden dürfen und muss daher pflegeleicht zu waschen sein. Vielleicht musst du ehrlich zu dir selbst sein, ob dein Kind zu viel oder zu spezifische Kleidung hat und dich dazu durchringen euren Bestand zu reduzieren. Je nach Alter bezieh dein Kind unbedingt mit ein und überlegt gemeinsam, ob dein Kind dieses Kleidungstück gerne trägt.

Bücher
Die zweite Kategorie, die beim “Magic Cleaning” aussortiert wird, sind Bücher. Kinderbücher machen in einem unordentlichen Kinderzimmer wahrscheinlich nicht den größten Faktor aus, dennoch lohnt es sich genau zu schauen, wie viele Bücher man braucht und besitzen möchte. Denn grundsätzlich ist es so, dass Kinder schwer mit einer großen Menge umgehen können und dazu neigen, immer dieselben Bücher anzuschauen.
Beginnt also zunächst wieder damit ALLE Kinderbücher aus der Wohnung herbeizuholen. Nun nehmt ihr wieder jedes einzelne Buch in die Hand und fragt euch:
- Ist es altersgemäß?
- Lest ihr es gerne/ Liest es dein Kind gerne?
- Habt ihr Freude an diesem Buch?
Bücher, bei denen ihr diese Fragen nicht mit “Ja” beantworten könnt, werden aussortiert. Alle Bücher, die ihr behaltet bekommen einen Platz im Regal.
Bastelsachen
Die dritte Kategorie bei Marie Kondo und ihrer Konmari- Methode ist eigentlich der Papierkram. Diesen ersetzen wir im Kinderzimmer durch die Kategorie Bastelsachen. Dabei handelt es sich aber noch nicht um kleine und große Kunstwerke, sondern lediglich um das Material wie z.B. Stifte, Papier, Bügelperlen etc. Wie immer beginnt alles mit dem Zusammensuchen von ALLEM, was man aus dieser Kategorie besitzt. Das explizite Ziel für diese Kategorie ist es, dass am Schluss jedes Teil einen Platz hat, an dem es “wohnt”. Daher ist es wichtig, dass ihr euch genau überlegt, wie viel Platz ihr braucht und wo dieser sich befindet. Dann nehmt ihr wieder jedes Teil in die Hand und fragt euch
- Macht es Spaß damit zu arbeiten?
- Ist das Material altersgerecht?
- Benutzen wir es regelmäßig?
Bei dieser Kategorie ist es z.B. wichtig, dass du ehrlich zu dir selbst bist, ob dir und deinem Kind das Material wirklich Freude bereitet. Manchmal hängen wir nämlich auch hier wieder einer Idee nach, die sich in der Realität dann aber nicht wiederspiegelt. Wenn dein Kind eigentlich gar nicht so gerne malt oder bastelt, wirst du es durch die Anschaffung immer neuer Materialien und noch einer weiteren Schere und einem Stifte-Set auch nicht unbedingt motivieren. Im Gegensatz musst du alle diese Dinge verwalten und schneller, als man denkt, belasten einen die Dinge, anstatt Freude zu bereiten.
Wer viel Bastelmaterial unterbringen muss, hat vielleicht an dieser Idee Freude.
Spielsachen
Die Konmari-Kategorie “Vermischtes” habe ich im Kinderzimmer durch Spielsachen ersetzt. Holt also ALLE Spielsachen zusammen. Jetzt schaut euch gemeinsam kurz an, wieviel ihr habt: Ist es ein großer Berg, oder geht es? Nehmt euch nun wieder jedes einzelne Teil vor und fragt euch:
- Ist es noch altersgerecht?
- Macht es dein Kind glücklich und zufrieden sich damit zu beschäftigen?
- Braucht dein Kind die Menge, die ihr davon besitzt, oder würde auch eine kleinere Menge reichen?
Wenn Kinder zuviel Spielzeug im Kinderzimmer haben, tritt nicht selten der paradoxe Effekt ein, dass sie mit immer weniger spielen. Wenn man dann die Dinge wegräumen will, beginnen sie plötzlich sich damit zu beschäftigen. Diesen Effekt kann man nutzen, indem man bestimmte Spielsachen einfach für einen bestimmten Zeitraum in den Keller stellt und irgendwann wieder hervorholt. Dadurch gewinnen Spielsachen immer mal wieder an Attraktivität.
Weitere Überlegungen, um Spielzeug auszusortieren:
- Gutes Spielzeug besteht zu 10% aus Spielzeug und zu 90% aus Kind. Das bedeutet, dass ein Spielzeug möglichst vielseitig einsetzbar sein sollte, und das Kind animieren sollte, frei und fantasievoll damit zu spielen. Klassiker aus dieser Kategorie sind:
- eine Verkleidungskiste
- Konstruktionsmaterial wie z.B. Duplo oder Holzbausteine
- Tücher und Kisten zum Häuser bauen
- Naturmaterialien wie Stöcker, Steine, leere Schneckenhäuser
- Merchandising ist kein Spielzeug. Die Spielzeugindustrie lässt sich viel einfallen, um ihre Produkte zu verkaufen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Produkte einen Mehrwert für die Entwicklung unserer Kinder haben. Denn Kinder spielen, um sich auszudrücken und Merchandising wie Actionfiguren oder sprechendes und leuchtendes Spielzeug liefert immer noch mehr Eindrücke, die das Kind verarbeiten muss.
- Holz ist besser als Plastik. Holzspielzeug ist langlebiger und wertiger. Daher lässt es sich besser weiterverkaufen oder verschenken. Auf lange Sicht macht es daher Sinn, darauf zu achten, nicht zu viel Plastikspielzeug im Kinderzimmer zu haben
- Zweckmässigkeit geht vor Kram. Im Laufe der Zeit sammelt sich immer so jede Menge KrimsKrams an. Auf manches hat man Einfluss, auf anderes nicht. Z.B. kann man überlegen, ob man im Adventskalender das 5. Radiergummi verschenkt oder lieber eine schöne Aktion. Für alle Dinge, die uneingeladen ins Kinderzimmer einziehen, kann man eine Kiste bereitstellen, die man von Zeit zu Zeit aussortiert. Bei allen Geschenken gilt daher auch, auf die Zweckmäßigkeit zu achten: Braucht das mein Kind? Kann mein Kind damit etwas anfangen oder wird das Teil demnächst im Zimmer rumliegen?
- Elektronisches- und batteriebetriebenes Spielzeug kann Stress erzeugen. Es besteht kein Zweifel daran, dass Kinder stark auf alles reagieren, was sich bewegt. Allerdings gilt hier dasselbe, wie beim Merchandising: Das Spielzeug sendet Impulse, die das Kind später verarbeiten muss und hilft selbst nicht bei der Verarbeitung von Reizen und Eindrücken des alltäglichen Lebens. Daher sollte der Einsatz im Kinderzimmer wirklich sparsam und mit Bedacht erfolgen.
Wenn du diese Regeln beherzigst, kann das Kinderzimmer ein Raum der Ruhe und der Kreativität werden. Und gleichzeitig reduzierst du die Menge, weil so manches einfach nicht mehr in Frage kommt.
Erinnerungsstücke
Laut Marie Kondo die Königsdisziplin. Das ist bei den Kindersachen ganz sicher nicht anders. Erinnerungsstücke im Kinderzimmer betrifft wohl hauptsächlich Bilder und Bastelarbeiten der Kinder. Im Grunde geht ihr genauso vor, wie bei den anderen Kategorien: Zunächst alles zusammensuchen und dann nehmt ihr alles in die Hand. Fragt euch bei jedem Teil:
- Ist es mir wichtig bzw. brauche ich es noch?
- Macht es mich glücklich?
Hier ist es auch sehr individuell, wie deine Kinder auf diese Fragen reagieren. Manche Kinder hängen sehr an ihren Kunstwerken. Folgende Ideen finde ich sinnvoll, wenn es viel auf der Behalten-Seite gibt:
- Schöne Kunstwerke verschenken an Omas oder andere liebe Menschen, die es zu schätzen wissen.
- Wie du schöne Bilder zu richtigen Büchern binden kannst, erfährst du hier bei buntraum.
- Wie wäre eine kleine Dauerausstellung mit wechselnden Kunstwerken, wie hier bei newmamasworld. Dort können die Kunstwerke bewundert werden und nach einer Weile könnt ihre entscheiden, ob sie gehen dürfen, abgeheftet werden oder verschenkt werden.
Übrigens: Dankbarkeit hilft beim Loslassen. Daher empfiehlt Marie Kondo sich bei jedem Gegenstand, den man abgibt zu bedanken. Besonders bei den Kinderkunstwerken kann das helfen. Denn nicht immer ist das Endergebnis wirklich schön, aber dennoch mit Liebe gestaltet. Bedankt euch bei dem Kunstwerk und vor allem sag deinem Kind, wie sehr du dich freust, dass es Spaß daran hatte so etwas herzustellen.
Sei dankbar für alles, was ihr habt
Das gilt für alle Kategorien: Seid Dankbar für die Zeit, die ihr mit jedem Teil verbracht habt und erinnert euch an die gemeinsame Zeit. Eine wichtige Lektion dabei ist, dass wir Erinnerungen im Herzen tragen und nicht an Materielles knüpfen müssen. Sich gegenseitig sagen zu können, was man aneinander schätzt und genießt, ist Beziehungsarbeit pur. Daran wird sich dein Kind erinnern, wenn es später seine eigenen Dinge selbst ordnet. Und du lebst deinem Kind vor, dass man sich über seine Persönlichkeit und seine eigenen Gefühle definiert und nicht über Besitz. Das macht wirklich glücklich und frei.